Exkursion – Fotografieren im UNESCO Welterbe Zeche Zollverein

Zeche Zollverein

Der Eiffelturm des Ruhrgebiets

Dass die Zeche Zollverein, gegründet 1834 und benannt nach dem Deutschen Zollverein, einmal die schönste und größte Zeche Deutschlands würde, hat bei der Gründung wohl keiner gedacht. Das heutige Zechengelände an Schacht XII, Schacht 1/2/8 und die zugehörige Kokerei zählen aufgrund der architektonischen und technischen Komposition zu den Meisterleistungen der damaligen Industrie-Architektur. Und nebenbei war die Förderleistung der Zeche Spitze unter den westdeutschen Steinkohlebergwerken, mit 3,2 Mio Jahres-Tonnen.

Das 55m hohe Doppelbock-Fördergerüst von Schacht 12 gilt als Leuchtturm-Projekt der Industriekultur, Insidern ist er auch als „Eiffelturm des Ruhrgebiets“ bekannt. Unter ihm führt ein 1.040m tiefer Schacht in das weitverzweigte Grubengebäude unter Tage. Gefördert wurde auf Zollverein bis Ende 1986; die zugehörige Kokerei mit 304 Koksöfen, lange Zeit die modernste Europas, wurde 1993 stillgelegt. Die Schächte 2 und 12 dienen heute nur noch zur Wasserhaltung. Das abgepumpte Grubenwasser stammt aus den Zechen des Essener Nordens und Nordostens bis hin nach Recklinghausen und Datteln.

Foto Rüdiger Schnick

“Unsere” Zeche Zollverein, hier statt einer Luftbildaufnahme das Bild einer Plastik auf dem Gelände, ist nun also seit 2001 UNESCO-Weltkulturerbe. Wobei viele Essener sicher keine Ahnung hatten, was wir da Tolles in Essen haben. Für viele Anlieger aus der Umgebung war sie vielleicht auch nur ein ähnliches Dreckloch wie andere Zechen auch. Nun wurde es also für mich Zeit, mich endlich einmal um dieses Highlight deutscher Industriekultur zu kümmern.

Der Fotoausflug am Dienstag, dem 6.6.2017, war dazu die richtige Gelegenheit. Und so traf sich dann „das Starke Team“ vom Fotoclub am Abend gegen 18:00 Uhr unten vor der Rolltreppe. Ausgerüstet waren wir mit dem, was man Sommers um die Zeit braucht, um zu fotografieren. Manche hatten ein Stativ dabei, man konnte aber auch ohne leben.

Durch den Tunnel in Gebäude A12

Der Weg führte uns vom Treffpunkt Gebäude A14 (Besucherzentrum, Eingang, Rolltreppe) durch den Tunnel in Gebäude A12 (Lesebandhalle) an Shops, dem Bistro und Ateliers verschiedener Künstler und Kunsthandwerker vorbei ins Freie und zum Freiplatz zwischen Schacht 12 und Schacht 1/2/8. Das Fördergerüst von Schacht 1 ist ein Strebengerüst in Vollwandbauweise für einfache Förderung. Für Anstreicher-Arbeiten (so schien mir) war es teilweise mit grünem Stoff verkleidet.

Beeindruckend war, wie viel Wachstum sich wieder zwischen den Gleisen und auf Freiflächen angesiedelt hat. Neben interessanten und für unsere Region seltenen Pflanzen haben sich auch wieder Tiere hier angesiedelt, die man auf einer ehemaligen Industriebrache nicht erwartet. Ich meine hier nicht nur Maulwurf und Wühlmaus. Birken stellen ein Großteil des neuen Bewuchses dar, und Blumen und Büsche, deren Namen mir völlig fremd sind. Diese Biodiversität gilt als Alleinstellungsmerkmal für das Ruhrgebiet und wird hier im Raum auch Industrienatur genannt.

Flora und Fauna auf Zollverein

Ich habe mal nachgeschaut, wie umfangreich Flora und Fauna auf Zollverein sind. Es wurden z. B. über 500 Farne und Blütenpflanzen gefunden. Zum Beispiel die kleinblütige Königskerze und der gelappte Schildfarn. Ebenso 60 Vogelarten und 20 Schmetterlingsarten sowie 6 Amphibienarten. 

Foto Rüdiger Schnick

An der einen oder anderen Stelle noch Technik aus der Zeit des Förderbetriebes aus der Landschaft.

So zum Beispiel dieser Kettenförderer der Maschinenfabrik Gustav Schade.

Wie so viele Betriebe der Zuliefer-Industrie des Bergbaus ist diese Firma heute auch nicht mehr existent.

Wir durchwandern die umgebende Industrienatur, überqueren einen Parkplatz und machen uns auf zur Kokerei. Wir streifen die Halde Zollverein, eine Abraumhalde, die wegen ihrer geringen Größe fast nicht auffällt.

Foto Rüdiger Schnick

Umso beeindruckender ist die 600m lange Batterie der 304 Koksöfen. Über die gesamte Länge der Koksofen-Batterie erstreckt sich das Druckmaschinengleis. Dieses Gleis wurde früher von den Druckmaschinen befahren, die sich an jedem Ofen öffneten und den fertigen Koks herausdrückten. Heute ist hier ein Wasserbecken eingelassen, das im Winter zu Eisbahn umfunktioniert wird.

Neben diesen reizvollen Motiven um die Koksofen-Batterie gibt es eine Anzahl interessante kleiner Gebäude und mit zum Teil werkstattähnlichen Bereichen. So finden sich an der Sauger- und Gebläsehalle Ventilatoren mit dekorativen Rotoren. Einige Gebäude weiter das Kammgebäude. Aus der Luft sieht es wegen seiner zinkenartigen Anbauten aus wie ein Kamm. Hier kann man vor, in und durch Räume schauen und sich fragen was man nun eigentlich wo sieht. Und wenn ja, warum.

Entkleidete Kühltürme

Entkleidete Kühltürme recken ihre Skelette in den Himmel. Sag mir, wo die Bretter sind. Wo sind sie geblieben? Erinnern sie nicht fast an nackte Tannenbäume ohne Nadeln? Genauer kann man sie von der Kokereiallee bewundern.

Foto Rüdiger Schnick

An anderer Stelle finden Sie solche Kühltürme, die noch nicht skelettiert sind. Warum gibt es sonne und solche? Ist man mit der Entkleidung nicht fertig geworden? Oder hat man für die Bretter keine andere Verwendung mehr gefunden? Fragen über Fragen!

Oh, Donnerwetter, jetzt ist es ja schon fast 8 Uhr. Also geht es wieder zurück zum Ausgangspunkt. Vorbei an der Koksofenbatterie und dem Wasserbecken im Druckmaschinengleis.

Die Fördermaschine der Firma Schade winkt uns zum Abschied freundlich zu. Hat es Euch gut gefallen? Kommt doch mal wieder vorbei! Will ich. Bestimmt. Versprochen.
Kurz vor dem Treffpunkt mit den anderen Clubmitgliedern trifft mich noch einmal der Doppelbock mit einem dekorativen Mond im Gepäck. Dieses Foto hätte ich für die Ausstellung Nah und Fern verwenden sollen. Habe ich aber nicht.

Während die Anreise wohl etwas schwierig war, manch einer hatte einige unangenehme Staus zu überwinden, waren die Straßen jetzt leer. Jeder erreichte sein Zuhause schnell, gut und sicher.